Sanctuary Cities hinterfragen die Vorgaben nationalstaatlicher Politik und fordern eine eigenständige Position im Umgang mit Menschen ohne gesichertes Aufenthaltsrecht. Es handelt sich um ein kommunalpolitisches Konzept mit dem Interesse, alle BewohnerInnen einer Stadt oder Gemeinde als BürgerInnen anzuerkennen. Die kommunale Politik und Verwaltung verpflichtet sich, Verantwortung für ihre BürgerInnen zu übernehmen, und dies ganz ausdrücklich unabhängig von ihrem jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Status.
In der Konsequenz verpflichten sich Sanctuary Cities, ihre kommunalen Dienstleistungen allen BewohnerInnen zugänglich zu machen, ohne dass sie aufgrund ihres prekären Aufenthaltsstatus Furcht vor Sanktionen (Inhaftierung, Abschiebung) haben müssen. Zudem sollen Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus befähigt werden, rechtliche Möglichkeiten gegen drohende Abschiebungen auszuschöpfen und deshalb gegebenenfalls auch durch Widerstände gegen staatliche Maßnahmen vor Abschiebung geschützt werden.
Das Konzept der Sanctuary Cities zielt zentral darauf ab, politisch gegen – aus kommunaler Sicht unangemessene und für das kommunale Zusammenleben problematische – Maßnahmen nationalstaatlicher Politik gegenüber Stadt- und GemeindebürgerInnen zu protestieren.
Darüber hinaus wollen kommunalpolitische Institutionen Risiken des Zusammenlebens verringern, die daraus resultieren, dass Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstaus den Kontakt mit Behörden (z. B. Gesundheitsämter, Polizei) aus Furcht vor Sanktionen vermeiden. Das Konzept hat folglich auch eine ordnungs- und sicherheitspolitische Funktion, die im Eigeninteresse der Städte und Gemeinden liegt.
Die Selbstdeklaration einer Gemeinde oder Stadt als „Sanctuary City“ – als Schutz- und Freiraum – hat vor allem symbolischen Charakter, der jedoch politisch bedeutsam ist, da sich wichtige politische VertreterInnen großer Städte und Gemeinden beteiligen und Forderungen an die nationale Politik damit einhergehen.
Angestrebt wird die Entfaltung einer lokalen Basisbewegung, die von möglichst vielen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen (Freiwillige, Wirtschaft, Bildung, religiöse Gruppen) getragen wird. Damit einhergehen soll ein Selbstverständnis der Städte und Gemeinden entstehen, das von Offenheit geprägt ist und auch von Stolz, Menschen, die sich in einer sehr schwierigen Lebenssituation befinden, Schutz zu bieten.
Handlungsstrategien in den USA beinhalten zum Beispiel das „Don’t ask, don’t tell“-Prinzip, bei dem MitarbeiterInnen kommunaler Behörden bei Kontakten darauf verzichten sollen, nach dem Aufenthaltsstatus zu fragen, sodass Dienstleistungen allen zur Verfügung gestellt werden.
Zusätzlich kooperiert die Kommunalpolitik mit lokalen Initiativen und betreibt Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit bezüglich der Situation von Flüchtlingen und illegalisierten MigrantInnen.
An vielen Orten, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, ist es gelungen, Sanctuary Cities aufzubauen, die vor Allem durch ein Selbstverständnis als Basisbewegung gekennzeichnet sind. Der kommunalen Ebene kommt eine weitreichende Bedeutung bei der Umsetzung staatlicher Politik zu.